- Erkki-Sven Tüür
Ärkamine (Awakening / Resurrectio) (2011)
(for mixed choir and orchestra)- Henry Litolff’s Verlag GmbH & Co. KG (World)
- SATB; 2.0.2.0/timp.perc/str(6.5.5.4.2)
- SATB
- 32 min
- Doris Kareva, Jaan Kaplinski and Various (Non-Copyright)
- English, Estonian
Programme Note
Awakening like waking up from sleep, waking to a new life, the awakening of dulled senses to clarity, religious awakening, the wakening of nature in spring... this word has an extremely profound and extensive field of meaning. I believe that awakening can be viewed as a life-long process, contrary to falling asleep and fading away. While composing this piece I lingered deep on the level of instincts and senses, I let the text form strips of melody without fearing that they might occasionally resemble Estonian folk songs, Gregorian chant or something I used to write for the prog-rock band In Spe. The task of the orchestra is to surround the choir with a constantly changing "aura", the intensity, colour and transparency of which moves from one extreme to another. From a musical perspective, this composition can also be viewed as an awakening to the light. At least I dare hope so.
I decided to use beautiful Estonian poetry by Juhan Liiv, Ernst Enno, Jaan Kaplinski and Doris Kareva along with Latin liturgical texts related to Easter. I would like to thank father Vello Salo who recommended the text in praise of the Paschal candle.
Erkki-Sven Tüür
Translated by Pirjo Püvi
Media
Scores
Reviews
Estonian Philharmonic Chamber Choir, Deutsches Kammerorchester Berlin, Cond. Daniel Reuss
(---) Erkki-Sven Tüür gehört zu den Künstlern, die ungern über ihr Werk sprechen. Eitelkeit und Arroganz sind dem drahtigen Esten mit dem sympathisch-markanten Gesichtsausdruck genauso fremd wie Anbiederung an „angesagte“ Musikrichtungen und Theoreme. Er gehört zu den Komponisten, die einen unverwechselbar eigenen Stil entwickelt haben. Die ersten Takte von Ärkamine genügten, um diesen eigenwilligen „Tüür-Sound“ im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie entstehen zu lassen. Ohne eine Spur von Eklektizismus verbindet Tüür – auch in Ärkamine – Pop-Rhythmen und Kompositionstechniken der Avantgarde mit archaischen Runengesängen seiner Heimat zu einem neuen Ganzen. Und plötzlich hört und versteht man, warum Erkki-Sven Tüür Johann Sebastian Bach, Gustav Mahler und György Ligeti als sein Dreigestirn bezeichnet: Bach ist für ihn das Synonym für kompositorische Perfektion, von Mahler übernimmt er den Anspruch auf Welthaltigkeit der Musik und Ligeti liefert ihm die besessene Detailarbeit beim Ausfeilen der Partitur bis in den Mikrobereich.
Ein „Erweckungs“-Erlebnis ist in der Musik mehrfach konnotiert: Auf der ersten Ebene geht es in dem Chorwerk nach Texten klassischer und zeitgenössischer estnischer Lyriker um das Erwachen der Natur: „Die verschiedenen Gedichte sprechen wie ein stilles Gebet über das Wunder des Frühlings, der das Leben wieder erblühen lässt. In der Musik will ich christliche Vorstellungen der österlichen Wiedergeburt mit archaisch-pantheistischen Gedanken einer wild erwachenden Natur zu etwas Neuem verbinden“, sagt Tüür. Die zweite Ebene handelt – wie schon Tüürs Violakonzert „Illuminatio“ aus dem Jahr 2008 – vom inneren Erwachen: „Die Musik verdeutlicht, dass wir in einem spirituellen Sinne zu uns selbst kommen müssen, um uns besser zu verstehen und klarer sehen zu können.“ Die dritte Ebene schließlich ist politisch: Sie impliziert den Aufbruch der estnischen Nation, die 20 Jahre nach Ende der Sowjetherrschaft zu neuem Selbstbewusstsein gelangt ist. Den Kompositionsauftrag für Ärkamine erhielt Tüür von der Stadt Tallinn, die diesem Jubiläum ein akustisches Denkmal setzen wollte.
Der estnische Chor und das Berliner Kammerorchester vermittelten dem Publikum diese Botschaften auf hohem Niveau. Und auch in Berlin schlug die nordisch-herbe, jenseits von Tonalität oder Atonalität angesiedelte Tonsprache des Esten das Publikum in seinen Bann. Ein lang anhaltender Applaus belohnte einen der wichtigsten Komponisten unserer Zeit für ein wichtiges, schönes und zutiefst bewegendes Werk, dem man noch viele Aufführungen wünscht.
Discography
- LabelONDINE
- Catalogue NumberODE 1183-2
- ConductorDaniel Reuss
- EnsembleEstonian Philharmonic Chamber Choir / Sinfonietta Riga
- Released1st November 2011